Bayern
Geschichte
Die Bamberger Verfassung von
1919
kannte schon Volksbegehren und -Entscheide zu Gesetzes- und Verfassungsänderungen, jedoch auch die beliebten Einschränkungen, wie Finanzen, Grenzen, Behördeneinrichtung und "dringende" Gesetze. Jedoch fanden diese Möglichkeiten dank Quorumm kaum Anwendung.
In der
volksabgestimmten
Verfassung
12/1946
gab es von Beginn an Elemente wie Volksentscheid zur Volksgesetzgebung, Verfassungsänderung und Abberufung des Parlaments! Einige Verfassungsväter (Hoegner, Nawiasky) verbrachten einige Jahre im Schweizer Exil und konnten ihre dortigen Erfahrungen diskussionslos in die Verfassung einbringen, über welche dann volksentschieden wurde.
1995
wurden durch Volksentscheid Bürgerbegehren und Bürgerentscheide eingeführt.
Bayern ist, mit seinen Möglichkeiten der Einflußnahme des Bürgers und der Anzahl dessen Nutzung, mit Abstand das demokratischste Bundesland.
Bayern
trennt
pfiffigerweise strittige Themenkomplexe in getrennte Teilabstimmungen.
Land
Art |
Ziel |
Hürden |
Ausschluß |
Zulassungsantrag |
Volksbegehren |
25.000 Unterschriften |
Finanzen |
Volksbegehren |
Volksentscheid oder Gesetzesänderung |
10% Unterschriften in Amtsstuben |
Finanzen |
Volksentscheid |
Verfassungs- oder Gesetzesänderung |
Verfassung: 25% Zustimmungsquorum,
einfache Gesetze: kein Quorum!
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Finanzen |
obligatorisches Referendum |
Verfassungs- oder Gesetzesänderung |
- |
- |
dagegen die pauschale Legitimierung der Regierung in %
Wahltag | |
Mill. Wahlberechtigte | |
Nichtwähler | |
Regierung pro Wahlberechtigte |
15.09.2013 |
9,4 |
36,1 % |
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30,5 % |
Im
Vergleich
zu anderen Bundesländern.
Bei einem Antragsquorum von 1 Mill. Wahlberechtigten kann die Parlamentsauflösung (recall) begehrt werden. Entspricht das Parlament dem nicht, entscheidet das Volk in einfacher Mehrheit darüber.
Mit einer
Popularklage
kann jeder (auch Ausländer), im Gegensatz zur Bundes-Verfassungsklage, geltendes Recht dem Verfassungsrecht anpassen, auch wenn er persönlich nicht betroffen ist, sondern für sich das Gemeinwohl einsetzt.
Planungszellen mit Bürgergutachten haben keine bindende Wirkung. Die per Zufallsprinzip ausgewählten Teilnehmer erhalten eine Aufwandsentschädigung.
Der Streit
2013
um
Studiengebühren
offenbart ein Problem der Politiker mit Volksabstimmungen:
Die Staatsregierung legt dar, wir sind der Meinung des Volkes - dann stellt sich zwingend die Frage, warum schafft ihr sie dann nicht im Landtag ab. Oder wir legen dar, wir sind nicht der Meinung des Volkes - dann ist das eine Abstimmung über die bayerische Staatsregierung.
Parallel zur Landtagswahl
09/2013
wurde in Bayern über 5
obligatorische
Volksentscheide
positiv abgestimmt. Damit gab es eine um 6% höhere Wahlbeteiligung.
Gemeinden und Landkreise
Sowohl Kumulieren und Panaschieren, als auch Direktwahlen der Bürgermeister und Landräte sind in den Kommunen üblich.
In der jährlichen Bürgerversammlung informiert der Bürgermeister über anstehende Themen. Für einen Bürgerantrag, einer Art Petition, braucht es 1% Unterschriften.
Art |
Ziel |
Hürden |
Ausschluß |
Bürgerbegehren |
Bürgerentscheid |
Zulässigkeitsprüfung, Unterschriftenlisten 3-10% gestaffelt nach Einwohnerzahl |
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Bürgerentscheid |
bindende Entscheidung |
Zustimmung der Mehrheit und 10-20% der Wahlberechtigten, gestaffelt nach Einwohnerzahl |
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Ausblick
Volksentscheid über Begehren
- gescheitert an Prüfung
- gescheitert an Nein-Stimmen
- gescheitert am Quorum
- war Erfolgreich
1968
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christliche Volksschule
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N |
1991
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Müllkonzept
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N |
1995
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kommunaler Bürgerentscheid
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E |
1998
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Staat ohne Senat
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E |
2010
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Nichtraucherschutz
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E |
2019
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Artenvielfalt
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Gescheiterte Abstimmungen, wie die christliche Schule und das Müllkonzept, wurden später teilweise trotzdem umgesetzt.
Die Bayrischen Möglichkeiten der Mitbestimmung funktionieren seit vielen Jahren sehr gut und können zahlreiche Erfolge vorweisen. Optimiert werden können Verfahren bei Volksbegehren, Fristen und Unterschriftszeiten und -lokalitäten. Kostenerstattung, analog zu Wahlkampfkostenerstattung, würden die Szenerie weiter beleben. Durch Rechtsvorbehalt des BayVerfG kann jeder Antrag auf Volksbegehren als unzulässig zurückgewiesen werden, was auch gern getan wird.
Mehr Demokratie (Bayern) und die ÖDP haben sich in Bayern besonders engagiert.
Insgesamt ist eine Angleichung anderer Bundesländer und des Bundesrechts, in den Entscheidungsrechten der Bürger, am Bayrischen Modell wünschenswert. Trotzdem sind die Hürden noch viel zu hoch.
In München soll ab
2018
ein
Bürgerhaushalt
eingerichtet werden.
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