So, da sitz ich nun hier und weiß nicht, was ich schreiben soll. Normalerweise schreibt meine Mutter mein Tagebuch oder diktiert mir wenigstens. Aber heute hat sie gesagt, dass ich zu dick geworden bin und zur Strafe selbst was hinzuschreiben muß. 1 Seite!
Eigentlich waren die letzten Tage ganz schön und wurden sogar immer besser. Ich hab mit den Jungs aus der Nachbarschaft gespielt. Schröder nennen seine Kumpane den Anführer. Ich nenne ihn einfach nur Atze (wie Glatze - der hat es mit seinen Haaren und immer nen Kamm dabei). Sein Vater ist inner Partei, aber einer andern. Wußte garnicht, dass es noch andere gibt. Aber die soll auch zu uns gehören.
Wir spielten am Strand Weltherrschaft. Das Spiel haben wir uns ausgedacht. Ab und zu kamen Grenzsoldaten vorbei, um uns zu schützen. Sie sind sehr freundlich zu uns geben öfters Tips für unser Spiel und Zigaretten.
Als Erstes haben wir unser Land vergrößert und die BRD angeschlossen. Dann fielen uns immer mehr komische Sachen ein, es wurde ganz toll verrückt. Wir besaßen plötzlich ganz Europa und die Kapitalistenschweine arbeiteten von nun an für uns. Unsere Freunde in der Sowjetunion brauchten wir nur noch für das Öl aus Sibirien (dafür war Atze zuständig - soll er erstmal beweisen, dass er bei den Guten ist).
Der Kennedy war ein schöner Präsident. So einen möchte ich mal heiraten. Die Offiziere bei uns sind alle langweiig und häßlich. Hoffentlich kriege ich nicht soonen Langweiler. Wie langweilig. Deshalb hab mich freiwillig als Ministerin für die Beziehungen zum Klassenfeind gemeldet.
Das kam nur halbwegs gut an. Ich mußte die Jungs also überzeugen, wie ich das meinte und erzählte eine Geschichte, über einen Vorfall von vor einem haben Jahr:
Immer wieder gab es bei uns an der Grenze Alarm. Letztens also, hab ich gesehen wie einer festgenommen wurde. Papa hat mir dann erklärt, das er dem Westen geheime Informationen übergeben wollte. Ich kann garnicht glaube, dass jemand dem Feind so was Wichtiges geben kann. Aber Papa ist fest davon überzeugt.
Diese Geschichte glaubten mir alle, wie andere Geschichten auch, das haben wir bei der FDJ gelernt. Meine Weste war wieder rein.
Jetzt brauchten wir natürlich einen Minister für unsere Sicherheit. Wer kam da besser in Frage als der kleine Schaub. Er ist viel jünger und reicht uns grad zu den Kniekehlen. Sein Vater ist bei der Stasi, weshalb er für alle der kleine Stasischäuble ist. Der hat aber auch soone Art an sich. Macht sich immer wichtig, weil er unbedingt dazugehören will.
Heute stritten sich die Jungs um die Posten. "Wir müssen uns alle zusammensetzen und eine gemeinsame Lösung finden!" sagte ich. Alle stierten gebannt auf meine Lippen oder so. Von der Aufmerksamkeit wurde mir ganz warm, so dass ich meine Bluse etwas aufknöpfen mußte. Die Jungs wurden plötzlich ruhig und grinsten komisch. Das hat mir irgendwie gefallen. Dann stritten sich die Jungs noch mehr und es ging diesmal um was Anderes. Bis sie sich zum Duell verabredeten. Morgen soll sich dann entscheiden, wer mich zuerst haben kann, in unserem neuen geheimen Bio-Arbeitskreis. Ich fühle mich wie eine Prinzessin.
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